Reisebericht von Marion Karsdorf und Bernd Gutzmann

- Jamaica -

Weniger kann Mehr sein

Vielleicht kann dieser Reisebericht von Marion Karsdorf und Bernd Gutzmann aus Rostock anderen Individualreisenden ebenso etwas Hilfe und Inspiration sein, wie uns zu vor andere Erfahrungen dieser HP.

Unschwer zu erkennen, daß uns das richtige Reisen erst seit 12 Jahren möglich ist. Schnell haben wir für uns das Back-Packing entdeckt, statt in vollgestopften (mit ewig meckernden Landsleuten) Hotelbunkern , die zudem noch global austauschbar sind, zu hocken und dann den berühmten "Land & Leute - Auslug" für viel zu viel Geld zu machen. So sparen wir uns nicht nur den Frust mit muschelbeklebten Andenkentellern - Made in HongKong -, sondern sind für unsere Erlebnisse, Erfahrungen und Geschichtchen selbst verantwortlich.

Unser Freundeskreis erwartet dann immer sehnsüchtig den Bericht, nicht zuletzt, weil's dann eine landestypische, kulinarische Spezialität mit passenden Getränken gibt. Die gibt's für Euch nicht aber den Bericht und den Zuspruch es vielleicht mal sooo zu versuchen, denn das Quentchen Glück stellt sich dann schon ein.

Juni 2002 - (nur) 14 Tage Jamaica, Rail (29Euro) and Fly (325Euro)- 7 Tage vorher bei L'tur gebucht, aber ständig ins NETZ geschaut und Geduld bewiesen. Es geht also auch preiswert. In Montego Bay (Mobay - es werden die meisten Orte ganz lax abgekürzt) habe ich wir uns leider von einem der freundlich, klettenden Taxifahrer verführen lassen uns zum Ocean View zu fahren. Für 800m 5 US$ - größere Fehler habe ich in den nächsten Tagen nicht mehr gemacht. Rucksack abgeworfen; an den kl. Beach neben den Flughafen ; Coconut getrunken; tief durchgeatmet, umarmt und sich bewußt gemacht - wir sind in einer anderen Welt, die auf uns beide wartet.

Das Team vom OV half uns bei der Vermittlung eines Miettaxis, da das viele Umsteigen mit den Route-Taxis, zwar preiswerter aber viel langwieriger wäre. Lincoln war ein toller Taxifahrer mit endloser Geduld, denn die Straßenverhältnisse waren nach 16 Tagen enormer Regengüsse katastrophal, sofern noch Straßen vorhanden waren. Solch erosive Gewalt sieht man selten. Schwer vorstellbar bei diesem tropischen Sonnenschein. So dauerte die sonst 2,5 bis 3-stündige Fahrt 5 Stunden, denn Treasure Beach war z.T. für PKW nur über Umwege erreichbar. 75 US$ hat uns die Fahrt gekostet - natürlich und sehr wichtig, zuvor ausgehandelt Nicht zuviel, wenn man bedenkt, daß der Fahrzeugboden mehrmals guten Bodenkontakt hatte.

Pauline, der gute Geist des Irie-Rest, nahm uns in Empfang und zeigte uns die freien Zimmer. Wahrlich toll - großzügige Zimmer mit AC und alles total clean. Uns genügte ein Blick in die Augen, einer auf den Himmel, einer auf's grüne ( leider fehlen uns die Worte um diese phantastischen Farben und der damit verbundenen Emotionen zu beschreiben) Meer und uns war klar WENIGER IST ME(E)HR und zu Gunsten von Treasure Beach fielen Kingston und die Westküste ins Wasser. Richtige Entscheidung, denn nun konnten wir langsam unsere deutschen Tugenden (Armbanduhr und Streß) ablegen. Paulines Kochkünste sind wahrlich gut und selbst Marions Vorliebe für's Fleischlose wurde berücksichtigt.

Ob Wandern an den vielen einsamen Stränden und gelegentlichem Erfrischen im 29°C warmen Wasser oder einem freundlichen Kennenlernplausch mit den liebenswürdigen Jamaikanern - die Zeit raste nicht, sondern paßte sich unser langsam einstellenden Gelassenheit an. Nach 2 Tagen war das deutsche Pärchen wohl bekannt genug und nur noch wenige wollten wissen wo wir herkommen und ob wir Jamaica schön finden. Suggestiver kann eine Frage kaum sein und eigentlich erübrigt es sich im Paradies danach zu fragen. (darüber kann man diskutieren, denn wir gehören nicht zu den blauäugigen Aussteigern, die denken die gebraten Tauben ...usw...) .

Apropos Paradies - ein Gottesdienst in Billis Bays kleiner Kirche lohnt sich wahrlich. Mit 25 Personen ist das Häuschen schon überfüllt, an den offenen Türen laufen Ziegen vorbei und der Gospelgesang haut einen dann vom Plastikstuhl - mit einer Inbrunst ,die wir nicht kennen, wird gesungen und da macht's nichts, sich kurz vorstellen zu müssen und dabei in freundliche, begrüßende Gesichter zu schauen.

Mit Allans "Lady Glady", einem gut motorisiertem Boot, ging's dann zum Black River. Diese Tour ist ein Muß. Sicher gibt es viele Tourguides die einem Ihre Dienste anbieten. Gerade in den Flautezeiten, nach dem 11.September spürt man den Existenzdruck. Allan bietet aber ein tolles Rahmenprogramm, das über den eigentlichen Ausflug hinaus geht. Das fängt bei der Einladung auf seine Ranch an, geht über gelegentliche Besuche (immer mit ein paar Früchten) im Irie Rest, bis hin zu praktischen Tips und Infos. Ansonsten gilt: dem Anbieter in die Augen schauen und einen Versuch starten. 60 US$ für 2 Pers. sollten reichen.

Die abgewanderten Beaches, teilweise an den Klippenvorsprungen nur mit passendem Schuhwerk zu bewerkstelligen, konnten wir nun von See aus sehen. Erster Höhepunkt: die Pelikanbar . Mitten im Meer, ca. 2 Meilen vor der Küste, liegt ein Riff mit Sandbänken durchzogen, wo dieses skurrile Stelzenhaus zum gekühlten(!) Red Stripe einlädt. Schwimmen im glasklaren Wasser, bei einem Zigarettchen diese Robinsonade genießen und Fotos von den Pelikanen (logo-Pelikanbar) schießen.

Dann ging es zu Anke Doering ,ca. 5 km vor Black River. Anke ist vor 20 Jahren als Entwicklungshelferin hängen geblieben, wer mag's Ihr verdenken. Ein tolles Anwesen, 2 zu vermietende Cottages, viel Grün, 2 aufmerksame vierbeinige Beschützer und die einladende, aus alten Rumfässern gestaltete Bar im Schatten von Mandelbaum und Bananenstauden. Läßt man das Auge auf die vielen Accesoires aus Strandgut und Kunst bestehend schweifen, erkennt man sofort den Schöngeist. Schnell verging das Plauderstündchen, daß auch Anke sichtlich genoß - wir haben deutsch gesprochen (und Allan nippte verlegen und schmunzelnd an seinem Bierchen). Crocs, Mangroven, Vogelscharen, dunkles aber sauberes Wasser, Ganjaduft, Harpuniere mit exotischen Fischen, die bei uns in teuren Aquarien schwimmen - das ist der Black River. Das Black River, also der Ort, ist eher heiß, stickig und quirlig, aber es gibt Banken, kl. Supermärkte, Post, Hafen, Restaurants, Geschäfte und den Parkplatz für den klimatisierten Bus aus Tourihochburg.

Wie leistungsstark der Außenborder war, erfuhren wir auf dem Rückweg. Die Dünung bracht schöne lange Wellen hervor und des öfteren flogen wir nur so von Kamm zu Kamm - ein Riesenspaß. Mit dabei war auch Jörg / Georgi, den wir schon im Flieger kennengelernt hatten und dem dort unsere Netzausdrucke von Jamaika-Info auffielen und so sprach er uns an. Da Georgi schon ein alter Jamaica-Hase ist konnte er uns einiges erzählen. Gestern kam übrigens ein Brief von Ihm, mit einer kl. Jamaicaflagge zum Aufbügeln - für Ihn als Dekofachmann kein Problem. Überhaupt fielen immer wieder mal Namen von den Leuten, die sich um die HP von Thomas bemüht gemacht haben und somit auch dafür sorgen, daß solche wie wir hierher finden.

Da uns diese Ecke der Insel so gut tat, ohne daß wir nun die anderen Ecken kannten, riefen wir Anke an und 2 Tage später holte Sie uns ab. Und wahrlich ein Glücksfall, denn wir dachten schöner kann's nicht werden. Ein riesiges Cottage mit großem Bett (Moskitonetz und Ventilator) im großzügigen Zimmer , schöner Küche und Terrasse.

Nach Tagen des Nichtstun konnte Kochen sogar richtig Freude bereiten und den gegenseitigen Einladungen folgten phantastische Reggae-Abende mit tollen Gesprächen. Anke erwies sich als tolle Vorder- und Hintergrundgeschichtenerzählerin und natürlich als absolute Inselkennerin. Kein Thema wurde ausgelassen und zum Ende des Tages planten wir unsere Ausflüge. Ja, Anke fuhr mit uns die schönsten Orte der Gegend ab und wir wußten kaum dies wieder gut zu machen. Dieses herzliche, freundschaftlich zu nennende Verhältnis machte uns den bevorstehenden Abschied schwer. Auch die Vierbeiner begleiteten uns und ein Hund aus der Nachbarschaft fand es auch besser, uns als sein Herrchen zu bewachen.

Neben den YS-Wasserfällen, die einen in ihrer Schönheit überwältigen, war der Ausflug nach Appleton absolut Spitze. Wayne D. Bowen, ein Freund von Anke, arbeitet im Besucherwesen der weltbekannten Rumfabrik und ludt uns auf einen Besuch ein. Durch seinen 2-jährigen Aufenthalt in Österreich erhielten wir natürlich eine deutschsprachige Führung und da manche Genußmittel Froh machender als andere sind, blieb hier vor Lachen kein Auge trocken.

Ankes Garten war für uns der Cocktailgarten. Alles was man für einen guten Rumpunsch oder einen Mojito brauchte, war vorhanden und natürlich genutzt. Alleine die 2 riesigen Limettenbäume mit hunderten von Früchten waren eine Freude. Täglich preßten wir frischen Saft aus und gaben diesen zu unserem Wasser für unterwegs. Das Wasser hat übrigens eine sehr gute Qualität.

Bevor ich's vergesse hier die Adresse von Anke Doering:

Parottee Road
p.o.b. 98
Black River / St Elizabeth
Jamaica
e-mail: croctwn@yahoo.com
Tel.: 001876-965-2578

Natürlich vermittelte Sie uns auch noch ein absolut preisgünstiges Taxi mit nettem, rasantem Fahrer. Der Moment des Abschieds war da, noch ein Blick aufs Meer, Hunde streicheln und los ging's zurück nach Mobay. Die reparierten Straßen und der zügige Fahrstil verhalfen uns noch zum Baden am Beach neben dem Airport. Einer dieser Vögel brachte uns dann zurück ins kühle Deutschland, wo schon die ersten J - Emails eingegangen waren.

Die Budgetfrage ist natürlich auch immer wichtig... Wir haben für uns nie mehr als 35 US$ ,oder entsprechend Jamaicadollar, für die Übernachtung gezahlt, haben wirklich gut gelebt, Leute eingeladen, 'ne Menge Zigaretten verschenkt , viel gesehen und trotzdem war's preiswert. Auch wenn wir nur einen kleinen, aber dafür wohl ursprünglichen, Teil gesehen haben - so können wir für uns sagen:

Weniger war Mehr - Yah Man

respect
Marion & Bernd

zur Übersicht